Sonntag, 3. September 2006
Asphaltblüte
Wenn der Duft nach Braten und fetten Soßen sich verzogen hat und die Stadt selbstgefällig rülpst, wartest Du noch, bis die Handtaschenschwinger und Seppelhosenträger sich verzogen haben.

Dann kannst Du vorsichtig aus dem Haus treten. Schau Dich um. Weit und breit kein Mensch. Erst zwischen Sechs und Acht lassen sich ältere Damen von ihren Schoßhunden an der Leine die Allee entlang zum Weiher zerren.



Du trittst aus dem Schatten des Hauses und achtest streng darauf, nicht über die Fugen der Bürgersteigplatten zu treten. Weiter oben, kurz vor der Brücke, keine zehn Meter von hier, versucht ein introvertierter Radfahrer die Straße zu kreuzen.

Doch was nun? Der Lenker stellt sich quer, ein Scheppern, und schon liegt er bäuchlings, nein: brüstlings auf der Straße. Der Kopf ist seltsam verdreht; er ruht mit der rechten Backe des Gesichtes auf dem Asphalt. Die Brust gerade, sein Burzel ragt gen Himmel, die Beine im Fahrrad verwickelt. So liegt er. Ein skurriler Anblick.
Und rührt sich nicht.

Ist er verletzt? Das Genick gebrochen? Sekunden verstreichen. Du beobachtest und schweigst.
Jetzt bewegt er sich. Die Beine zuerst, dann dreht er sich in der Hüfte. Die Wange bleibt am Boden. Nun dreht er den Kopf. Du siehst das Gesicht. Eine Schürfwunde am Backenknochen. Er rappelt sich hoch. Unsicherer Gang. Die rötliche Haut des Trinkers schimmert durch spärliches Haar. Er wehrt die Hände ab, die helfen wollen. - Nein, nichts passiert.
Steigt auf das Rad und macht sich davon.

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