Mittwoch, 22. November 2006
Sie brachte mir immer etwas mit
von ihren Wanderungen und Spaziergängen, eine einzelne Blüte, einen Tannenzapfen oder einen Waldpilz. Und diesen eigenen, strengen Geruch nach Moos und Moder. Sie erzählte von ihren Eindrücken in kurzen, unzusammenhängenden Sätzen, unterstrichen durch nervöse Bewegungen. Erst als ich sie länger und damit besser kannte, begriff ich, daß sie ausgefüllt war von einer Lüsternheit, die sie zu verbergen suchte.

Diese Wollust stand in starkem Kontrast zu ihrer sachlichen, ja strengen Art, mit der sie sonst Angelegenheiten abzuhandeln pflegte. Wenn wir Liebe machten, scheute sie sich nicht, mir detaillierte Anweisungen zu erteilen, was mich übrigens immer, auch später noch, irritierte. Nicht so, wenn sie aus der Natur zurückkam. "Ich mach' mich kurz frisch," sagte sie atemlos und schwang die Hüften wie das Mädchen Rosemarie ihre Handtasche. An der Tür drehte sie sich um. "Was hab' ich denn da?" Sie fuhr mit der Hand in ihren Ausschnitt und zeigte mir lachend eine Tannennadel.





Ich wollte mich einmal mit ihr über dieses Phänomen unterhalten, sie bestritt jedoch die Richtigkeit meiner Beobachtungen so heftig, daß ich niemals mehr darauf zu sprechen kam.
Der Zauber war damit verflogen.

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