Mittwoch, 10. Mai 2017
Das Gruppenfoto
Wieder einmal war es soweit ... Die Schulleitung rief per Email alle Kollegen zum jährlich fälligen Gruppenfoto zusammen. Auf der großen Treppe zum Haupteingang sollten sie sich freitags um 13.00 Uhr einfinden. Als die Schulklingel am besagten Tag um ein Uhr mittags das Wochenende verkündete, nahmen sie nach und nach Aufstellung. Unten auf dem Bürgersteig hatte der Fotograf sein Stativ aufgebaut. Er hantierte an der Kamera herum, schaute hindurch, rückte am Stativ, blickte auf die sich allmählich vergrößernde Gruppe von Lehrern.

Auch Jorind war nach draußen gekommen. Am oberen Treppenabsatz blieb sie stehen und sah unschlüssig nach rechts und links. Schließlich schob sie sich zwischen Holzportal und oberster Kollegenreihe auf die äußerste linke Seite. Ihr "Stammplatz", wenn man es denn so nennen wollte, war eigentlich in der ersten Reihe, wo alle Kleinen standen. Aber an diesem Tag hatte sie keine Lust, ganz vorne zu stehen, zwischen Schulleiterin und stellvertretender Chefin.

Die Kollegen lachten und schwatzten, während sie geduldig darauf warteten, dass die Letzten eintrudeln würden. Als nach einer gefühlten halben Stunde immer noch ein paar fehlten, ging dem Fotograf die Geduld aus. Er schwenkte heftig die Arme und rief: "Wir fangen an!"

Während noch der eine oder die andere von einer Seite zur anderen gescheucht wurde, nahm sie hinter sich eine leichte Bewegung wahr. Sie sah sich nicht um. Sie wusste auch so, wer sich da kaum merklich an ihren Rücken lehnte. Heiß schoss ihr ein Vibrieren durch alle Nerven. Sachte verlagerte sie ihren Schwerpunkt nach rückwärts, spürte, wie der Gegendruck sich verstärkte. Ein Kitzeln an ihrem Ohr, er blies ihr seinen Atem in den Nacken.

Ein rascher Blick nach rechts und links. Die überlange Gestalt der Kunstkollegin war doch noch aufgetaucht, drängte sich neben sie und begann, noch ganz außer Atem, mit dem Sportkollegen zu ratschen. Keiner schaute her. Jorind schob eine Hand nach hinten, fand ein steifes Gemächt (Was für ein schönes Wort!) und kniff zärtlich hinein. Ihr Hintermann machte einen leichten Satz und unterdrückte ein Stöhnen. Sie bückte sich ein wenig nach vorn und drückte ihren Po an die Wölbung. Wieder ein Stöhnen, lauter diesmal.

"Ist dir nicht gut?" Die tiefe sonore Stimme des Religionslehrers klang besorgt. Jorind schluckte ein Lachen hinunter und holte heftig Luft. Sie war so erregt, dass sie vergessen hatte zu atmen.Während hinter ihr eine heisere Stimme ein "Nur der Magen." herausbrachte, drehte sie die Hüfte zur Seite, wieder zurück, zur Seite -

"Cheese!" rief der Fotograf in diesem Augenblick, und Jorind fühlte, wie das Lieblingsspielzeug an ihrem Rücken in pulsierenden Stößen explodierte.

"Halt! Stehen bleiben, wir machen noch eins!"

Jorind brach in wieherndes Gelächter aus, und so fanden sich die Beiden später auf dem Gruppenfoto festgehalten ... Jorind in schallendem Lachen mit weit offenem Mund, er dahinter, etwas verschwommen, mit leicht blödem Gesichtsausdruck.

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Stehenbleiben!
Tolle Pointe...

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